04. Jan

2012

Ausstellungstipps

Zuletzt aktualisiert am 26. Juni 2019

Ausstellungstipps © B&N Tourismus

Ausgesuchte Ausstellungen im deutschsprachigen Raum rund um den Kulturraum der Levante bzw. des Maschreq, insbesondere zu Jordanien, Syrien und dem Libanon sowie zu Themen rund um die Arabische Welt, Nordafrika und den Nahen Osten.

Friedrich Rückert

2016

Friedrich Rückert (1788 – 1866) gehört zu den großen Intellektuellen des 19. Jahrhunderts: ein Sprachgenie, er soll über vierzig Sprachen beherrscht haben, der als Gelehrter und Übersetzer einen riesigen Schatz hinterlassen hat. Zugleich darf Rückert als einer der Begründer der deutschen Orientalistik gelten. Zu seinen bedeutendsten Werken zählen beispielsweise die Übertragungen des persischen mythischen Dichters Dschelāladdīn Rūmī sowie die (auszugsweise) Übersetzung des Koran in den dreißiger Jahren (Erstausgabe 1888). Neben seinen Übersetzungen und Sprachstudien verfasst er über 10.000, zum Teil bis heute nicht veröffentlichte Gedichte. Zu den bekanntesten gehören die von Gustav Mahler vertonten Kindertotenlieder.

Die Sonderausstellung, die Rückerts Geburtsstadt Schweinfurt konzipiert hat, folgt seinem Lebensweg: Kindheit in Schweinfurt, Studienzeit in Würzburg bzw. Jena und Reise über die Alpen nach Rom gefolgt von seinen Jahren als Professor in Erlangen und Berlin kurz vor der März-Revolution sowie seiner Zeit in Neuses bei Coburg, wo er seinen Ruhestand verbrachte. Wichtige Wegbegleiter treten in der Ausstellung auf, großformatige Journale informieren über das Zeitgeschehen. Originalobjekte aus dem Nachlass, Inszenierungen, Klanginstallationen sowie Tonspuren laden ein, Leben, Werk und Zeit Friedrich Rückerts zu entdecken.

Ausstellung bis 26. Dezember 2016 im Stadtmuseum Erlangen, Martin-Luther-Platz 9, 91054 Erlangen. Öffnungszeiten: Dienstag, Mittwoch und Freitag 09.00 Uhr bis 17.00 Uhr, Donnerstag 09.00 Uhr bis 20.00 Uhr, Samstag und Sonntag 11.00 Uhr bis 17.00 Uhr.

Katalog

Der Katalog zur Ausstellung stellt Leben, Werk und Wirkung Rückerts facettenreich dar. Besonderes Augenmerk gilt daneben aber auch der bildenden Kunst und gerade auch heute mehr denn je brennenden Gegenwartsthemen wie interkultureller Dialog und aktuelle gesellschaftliche und ökologischen Herausforderungen die der Band ins Blickfeld rückt. Rudolf Kreutner (Hrsg.): Der Weltpoet. Friedrich Rückert 1788-1866. Dichter, Orientalist, Zeitkritiker. 420 S., 230, z.T. farb. Abb., Klappenbroschur. Buch bei Amazon »

Biografie

Zum Rückert-Jahr 2016 legt der Wallstein-Verlag dankenswerterweise eine Neuausgabe von Annemarie Schimmels grundlegender Biographie auf.

Annemarie Schimmel (1922 – 2003), eine der bedeutendsten Islamwissenschaftlerinnen des 20. Jahrhundert, deren Werk weiter über einhundert Bücher, Artikel und wissenschaftliche Veröffentlichungen umfasst, hat die Stationen von Rückerts Leben nachgezeichnet und sein Werk, dessen Bedeutung Schimmel wiederholt herausstellte, für heutige Leser erschlossen. Annemarie Schimmel: Friedrich Rückert. Lebensbild und Einführung in sein Werk. 158 S., 16 Abb., geb., Schutzumschlag. Buch bei Amazon »

Lawrence von Arabien

2011

Das Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg präsentiertr mit der Ausstellung Lawrence von Arabien. Genese eines Mythos eine Schau, die neben dem Leben und Wirken dieser schillernden Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts die Geschichte des Nahen Ostens und die Orientpolitik jener Zeit visualisiert. Thomas Edward Lawrence, nicht zuletzt durch David Lean’s gleichnamigen Kinostreifen von 1962 als Lawrence von Arabien weltweit berühmt geworden, führte ein Leben zwischen Feuereifer und Zweifel, zwischen Krieg und Kultur. Seine zahlreichen Interessen wie Fotografie, Technik, Kunst, Buchdruck, Geschichte und Archäologie bieten der Ausstellung den Hintergrund zur Inszenierung des Zeitgeschehens im Ersten Weltkrieg. Hochkarätige Exponate, die das Landesmuseum exklusiv als Leihgaben z. B. aus den Vereinigten Staaten, aus England und Frankreich erhält, erlauben einen Einblick in seinen Alltag und sein politisches Wirken; persönliches Inventar wie sein Lesesessel oder seine Kamera aus seinem Haus in Clouds Hill gehören ebenso dazu wie Originalaufzeichnungen, die während seiner Arbeit an dem Buch Die sieben Säulen der Weisheit entstanden sind.

«Mit dieser Sonderausstellung bewegen wir uns politisch und gesellschaftlich bis in die Gegenwart hinein. Das Thema Lawrence von Arabien steht in der Tradition der vergangenen Ausstellungen, in denen der Kulturdialog zwischen Orient und Okzident aufgezeigt und kritisch beleuchtet wurde,» fasst Prof. Dr. Mamoun Fansa zusammen, der zum letzten Mal ein so großes internationales Projekt für das Landesmuseum Natur und Mensch auf die Beine gestellt hat. Im August 2011 wird er als leitender Museumsdirektor aus dem Amt ausscheiden.

Das Landesmuseum für Natur und Mensch präsentiert vom 21. November 2010 bis 27. März 2011 den nächsten Teil ihrer bundesweit beachteten Ausstellungsreihe. Thomas Edward Lawrence beeinflusste die Beziehungen zwischen Orient und Okzident im 20. Jahrhundert auf spannende Weise.

So faszinierend seine Biografie noch heute wirkt, so wichtig ist es, die damalige Situation im Nahen Osten für die aktuelle Politik zu reflektieren. Zahlreiche Film-, Bild- und Textdokumente eröffnen eine Zeitlinie der Geschehnisse – in diesem Kontext zeigt die Ausstellung erstmals die in den Milner Papers veröffentlichte Landkarte, auf der Lawrence die Grenzziehung im Orient vorgenommen hat.

Doch mit der kultur- und politikgeschichtlichen Darstellung ist es nicht genug; der Zugang zum Thema erfolgt durch die künstlerische Gestaltung und die Kunst selbst. Große Kriegsgemälde z. B. von Paul Nash oder William Roberts belegen die britische Kunstszene der zwanziger Jahre. Und, als besonderes Highlight zeigt das Landesmuseum den vollständigen Aquarell-Zyklus des Claude R. Conder aus dem Palestine Exploration Fund.

Lawrence von Arabien. Genese eines Mythos, eine Ausstellung des Landesmuseum Natur und Mensch, Damm 38-44, 26135 Oldenburg, www.naturundmensch.de vom 21. November 2010 bis 27. März 2011. Im Rautenstrauch-Joest-Museum Köln wird die Ausstellung dann vom 29. April 2011 bis 11. September 2011 zu sehen sein.

Katalog

Der Ausstellungskatalog Lawrence von Arabien (Verlag Philipp von Zabern) offenbart die zahlreichen Gesichter einer der schillerndsten Persönlichkeiten der Geschichte des Nahen Osten in einem Werk: Geheimagent, Archäologe, Fotograf, Schriftsteller, Beduinenkenner und Autor des Weltklassikers Die Sieben Säulen der Weisheit. Das öffentliche Bild von T. E. Lawrence schwankte zwischen kollektiver Erinnerung und den Ergebnissen historischer Recherchen. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs verehrt als Held aufgrund seiner Beteiligung am Aufstand der Araber gegen die türkische Herrschaft, befreite die historische Forschung Lawrence zunehmend von der Legendenbildung und schärfte den Blick auf den Menschen.

Die Herausgeber des Begleitbandes: Professor Dr. Mamoun Fansa ist leitender Museumsdirektor des Landesmuseums Natur und Mensch in Oldenburg. Der Kunsthistoriker Professor Dr. Detlef Hoffmann lehrte an der Carl-von-Ossietzky-Universität in Oldenburg.

Mamoun Fansa / Detlef Hoffmann (Hrsg): Lawrence von Arabien. Historische Person und Held eines modernen Mythos. Verlag Philipp von Zabern. 472 S., über 300 meist farb. Abb., geb. mit Schutzumschlag. Buch bei Amazon »

Orient und Schweizer Moderne

2011

Das Antikenmuseum Basel präsentiert die einzigartige Sammlung des Schweizer Rudolf Schmidt (1900–1970): Antike Kunstwerke stehen dabei im Kontext zu Bildern von Ferdinand Hodler, Giovanni Giacometti und Cuno Amiet. Der leidenschaftliche Sammler Rudolf Schmidt stammte aus der bekannten Solothurner Industriellen- und Sammlerfamilie Müller. Bisher stand er im Schatten seines Onkels Josef Müller und seiner Tante Gertrud Müller-Dübi, deren hochkarätige Gemäldesammlungen heute teilweise im Kunstmuseum Solothurn zu bewundern sind. Josef Müller interessierte sich zudem für außereuropäische Stammeskunst, die seine Tochter Monique und sein Schwiegersohn Jean-Paul Barbier später in die Barbier-Mueller Museen in Genf und Barcelona einbrachten.

Weniger bekannt ist bislang die faszinierende Sammlung von Rudolf Schmidt: Der Solothurner studierte in Zürich Ökonomie, musste sich seinen Lebensunterhalt – dank eines stattliches Vermögens – aber nicht selbst verdienen. Der Junggeselle und Privatier erwarb zeitlebens auf ausgedehnten Reisen durch Europa und den Orient bedeutende Kunstobjekte alter Kulturen. Von seiner Mutter erbte er mehrere Gemälde von bekannten Schweizer Malern, mit denen er als grosszügiger Gastgeber regen Kontakt pflegte. Rund vierzig Jahre nach Schmidts Tod stellt das Antikenmuseum Basel dessen Sammlung ins Zentrum der Betrachtung: Dazu führt es Werke aus Familienbesitz, die selten oder noch nie öffentlich zu sehen waren, und Werke aus Schweizer Museen zusammen. Ägyptische Steingefäße, altorientalische Miniaturkunst, Bronzefiguren aus Luristan (Iran) und antike Skulpturen treten in einen spannenden Dialog mit Gemälden von Ferdinand Hodler, Giovanni Giacometti, Cuno Amiet und anderen. Die Ausstellung entführt die Besucher in das faszinierende Ambiente der Schmidt’schen musealen Wohnräume (Quelle: Pressemitteilung). Eine Ausstellung im Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig bis 31. Juli 2011, St. Alban-Graben 5, CH-4010 Basel (antikenmuseumbasel.ch).

André Wiese (Hrsg.): Ägypten, Orient und die Schweizer Moderne. Die Sammlung Rudolf Schmidt (1900-1970). Begleitpublikation zur Sonderausstellung des Antikenmuseums Basel und Sammlung Ludwig. 176 Seiten, 138 Abbildungen, davon 80 in Farbe. Geb. Schwabe Verlag 2011. Buch bei Amazon »

Das fremde Abendland

2011

Im Mittelpunkt steht die Beschäftigung mit dem Phänomen des so genannten Okzidentalismus, der Rezeption der westlichen Kultur im Orient. In Abgrenzung zum viel beachteten Orientalismus wagt die Ausstellung erstmals den umgekehrten Blick. Sie betrachtet die weniger bekannte Auseinandersetzung des fernen Ostens mit dem Westen.

Dafür macht die Ausstellung einen Zeitraum lebendig, der etwa um 1800 beginnt und in der Gegenwart endet. In diesen vergangenen zwei Jahrhunderten erreichte die Neugier des Orients am Westen eine neue Dimension: Hatte der Orient noch im Mittelalter kein ernsthaftes Interesse an der als barbarisch geltenden europäischen Kultur, wandelte sich diese Einstellung im 18., spätestens im 19. Jahrhundert grundlegend mit der Etablierung des kapitalistischen Weltmarktes. Für die europäischen Nationen begann nun ein Wettlauf um Territorien und Einflusszonen, um Absatzmärkte und Rohstoffe im Orient.

Erstmals wird die aktive und vielschichtige Beschäftigung des Orients mit der Kultur des Westens dargelegt. Mit teilweise noch nie ausgestellten Exponaten u.a. aus dem Iran, der Türkei, Syrien und den Maghreb-Staaten.

Autoren: Harald Siebenmorgen ist Direktor des Badischen Landesmuseums Karlsruhe. Dr. Schoole Mostafawy und Jakob Möller M.A. sind Kuratoren Badischen Landesmuseum, Referat Außereuropäische Kunst- und Kulturgeschichte. Prof. Dr. Mounir Fendri ist Professor für Germanistik an der Universität Tunis. Prof. Dr. Bernd Thum ist Universitätsprofessor am Karlsruher Institut für Technologie.

Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hrsg.): Das fremde Abendland? Orient begegnet Okzident von 1800 bis heute. Belser Vlg. Stgt. 2010. 4°. 200 S. mit 300 meist farb., teils ganzseit., Abb. sowie eine Karte, Bibliographie, Ppbd. Amazon »

Für die orientalischen Länder wurden westliches Denken, gesellschaftliche Normen, Kunst und Literatur erstmals in großem Umfang spür- und erlebbar. Und: Der Orient machte sich seinerseits daran, den Westen zu entdecken, indem Gesandte, Gelehrte oder Geistliche Reisen nach Europa unternahmen. Sie knüpften diplomatische Beziehungen und wirtschaftliche Kontakte oder lernten politische sowie soziale Strukturen kennen, stets im Hinblick auf notwendige Reformen im eigenen Land.

Von Anfang an bewegte sich diese Auseinandersetzung zwischen Faszination und Abstoßung. Westliche Bräuche, Errungenschaften und Denkweisen wurden reflektiert und teilweise übernommen, Mode(n) nachgeahmt und den eigenen Sitten einverleibt. Aber auch Ablehnung und Verweigerung prägten den Prozess. Besonders deutlich zeigt sich dieses Wechselspiel in den Bereichen der Schrift, der Fotografie, der Bild- und Textilkunst sowie der Ikonografie.

Mit rund 280 Exponaten macht die Ausstellung den Blick des Orients auf den Westen sinnlich spürbar und vermittelt die Grundlagen für diese historische Konstellation. Arrangiert sind die Exponate aus Deutschland und der Schweiz, aus dem Iran, aus Tunesien, Syrien und Palästina sowie aus dem Gebiet des ehemaligen Osmanischen Reiches in vier thematischen Abteilungen wobei sich vor allem zwei Schwerpunkte herauskristallisieren: Zum einen die Bilderwelten, bei denen die Darstellungen realer und mythischer Herrscher, Heiligenbilder des sunnitischen und schiitischen Islam, Frauen- und Genrebilder und die Schilderung von Sehnsuchtsorten eine große Rolle spielen. Der Komplex schließt hochwertige Ölgemälde ebenso ein wie gewöhnliche Plakatkunst und beruht, neben Leihgaben aus Museen, Bibliotheken und von Privatpersonen, größtenteils auf Feldforschungen. Zum anderen die Alltagswelten, die anhand ausgewählter kunsthandwerklicher Erzeugnisse und gewöhnlicher Souvenirartikel die Übernahme europäischer Formen, Motive und Techniken in die orientalische Kunst ebenso zeigen wie ihre Rezeption in der islamischen Welt (Quelle: Pressemitteilung).

Das fremde Abendland? Orient begegnet Okzident von 1800 bis heute ist eine Ausstellung des Badisches Landesmuseum Karlsruhe, Museum beim Markt vom 14. August 2010 bis 09. Januar 2011.

Orientalismus in Europa

2011

Orientalismus in Europa: Von Delacroix bis Kandinsky zeigt mit rund 150 Gemälden und Skulpturen die vielfältigen Auseinandersetzungen von fast 100 westeuropäischen Künstlern mit dem islamischen Orient, Nordafrika und dem Nahen Osten.

Die Ausstellung in München setzt beim Ägyptenfeldzug Napoleons (1798-1801) an und führt bis hin zur Moderne des frühen 20. Jahrhunderts. Meisterwerke von Ingres, Delacroix, Gérôme, und Renoir, bis zu Sargent, Klee und Kandinsky stellen den Orientalismus als vielfältiges künstlerisches Thema dar, das Stilrichtungen, künstlerische Positionen und nationale Grenzen überschreitet. Auch von weniger bekannten Künstlern gibt es Großartiges zu entdecken, wie zum Beispiel Arbeiten von Lawrence Alma Tadema, Gustav Bauernfeind, Jaroslav Čermák, Henri Evenepoel, Fabio Fabbi, Osman Hamdi Bey, John Frederick Lewis, Alberto Pasini, Edward Poynter und José Villegas y Cordero.

Orient – Traum und Wirklichkeit. Lehnert & Landrock 1904 – 1930: Die Fotos von Rudolf Franz Lehnert und Ernst Heinrich Landrock, die zwischen 1904 und 1930 in Nordafrika, Ägypten und Palästina entstanden, stehen zwischen dem Orientalismus als reinem Exotismus und einem malerischen, poetischen Realismus.

Die vom Orientalismus bestimmte Debatte – wird zum einem bestimmt von der Nähe Europas zum Orient und zum anderen durch das Bewusstsein, dass der Orient eine der Quellen unserer abendländischen Kultur ist. So diente der Orient auch als eines der ältesten und am häufigsten wiederkehrenden Bilder des Anderen: Der Orient diente dem Westen dazu, sich ein kontrastierendes Bild zu definieren. Es war die Faszination für den Orient, die den Fotografen Rudolf Lehnert mit seinem Kompagnon Ernst Landrock verband. Aus diesem Grund entschlossen sie sich im Jahre 1904, von Deutschland wegzuziehen, um sich in Tunis niederzulassen. Lehnert entwickelte sich zu einem sehr genauen Beobachter der tunesischen Alltags und dokumentierte diesen mit zahlreichen Fotografien, woraus der einfallsreiche Geschäftsmann Landrock bald die Idee entwickelte, diese in Europa zu vertreiben.

Rouvinez, André (Hrsg.): Lehnert & Landrock. Orient 1904 – 1930. Texte von Charles-Henri Favrod. 4°. 135 S., über 100 ganzs. Abb. Geb. Umschau/Braus, Heidelb. 1998. Buch bei Amazon »

Die Faszination für die kontinentübergreifende geografische Region beherrscht vom osmanischen Reich, existiert in der westlichen Welt schon so lange es Kenntnis von deren Kulturen und Handel mit ihnen gibt. Im 19. Jahrhundert ändern sich die Verhältnisse jedoch grundlegend. Bis dahin bezog sich der Orientalismus überwiegend als höfische Kunstform. Mit dem Ägyptenfeldzug Napoleons setzt in ganz Europa eine wahre Ägyptomanie ein.

Mit der französischen Armee reisen 167 Forscher und Künstler, die in der Folge nicht nur neue wissenschaftliche Disziplinen, sondern auch einen neuen Orientalismus in der Kunst auslösen. Viele Künstler reisen nun als offizielle Gesandte westlicher Regierungen oder auf eigene Initiative an die verschiedensten Originalschauplätze, um die als ursprünglich empfundenen Kulturen zu dokumentieren. Manche lassen sich sogar dauerhaft dort nieder. Ihre Gemälde und Fotografien fördern ihrerseits weiteren Tourismus und prägen ein ganz bestimmtes Bild des Orients, das im Zeitalter des Kolonialismus stark von Überheblichkeit geprägt ist. Die einen erhoffen sich die sinnlichen Freuden aus 1001 Nacht, was sich niederschlägt in den vielen gemalte Drogen- und Haremsfantasien. Andere fasziniert die Emotionalität einer bislang als bedrohlich empfundenen “barbarischen” Kultur.

Auch islamische Städte in Südspanien werden im 19. Jahrhundert wiederentdeckt, und lösen eine große Neugier auf den Orient aus. Für akademische Künstler steht die Suche nach den Wurzeln der Zivilisation im Vordergrund. Die unendliche Weite der Wüste bietet eine ganz eigene künstlerische Herausforderung und auch die sich entwickelnde Ethnographie und Anthropologie finden ihren Widerhall in der Kunst. Zum Abschluss der Ausstellung werden Werke einiger Künstler der Moderne präsentiert, die sich dem Reiz des Orients ebenfalls nicht entziehen konnten und das Thema in eine neue Bildsprache überführen.

Ausstellung der Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung München (28. Januar 2011 bis 01. Mai 2011) und den Musées Royaux des Beaux-Arts de Belgique in Brüssel (15. Oktober 2010 bis 09. Januar 2011) sowie den Musées de Beaux-Arts in Marseille in Zusammenarbeit mit der Réunion des Musées Nationaux (Centre de la Vieille Charité 27. Mai 2011 bis 28. August 2011).

Katalog

Mit rund 150 Gemälden und Skulpturen gibt das Katalog-Buch, das begleitend zur Ausstellung in Brüssel, München und Marseille erscheint, die vielfältige Auseinandersetzung westlicher Künstler mit dem Mythos Orient wieder. Obwohl französische Künstler in diesem Themenbereich eine Vorreiterrolle gespielt haben, wird der Orientalismus als europäisches Phänomen vorgestellt, einschließlich Künstler aus Osteuropa und der Türkei.

Eine ausführliche Chronologie sowie mehrere Aufsätze von international renommierten Experten in diesem Bereich vervollständigen die Betrachtung und behandeln neben den zahlreichen künstlerischen Auseinandersetzungen auch die sozialen, politischen, ethnischen und religiösen Aspekte des Orientalismus. Die umfassende Betrachtung dieses wichtigen und immer noch aktuellen Sujets schließt eine seit langem bestehende Lücke.

Roger Diederen und Davy Depelchin (Hrsg.): Orientalismus in Europa. Von Delacroix bis Kandinsky. Beiträge von R. Benjamin, J. De Hond, Chr. Peltre, L. Georget, R. Irwin, P. Benson Miller, E. Warmenbol, D. Depelchin, R. Diederen. 312 Seiten, 238 Abbildungen in Farbe. 24 × 28 cm, gebunden. Hirmer Vlg. München, 2010. Buch bei Amazon »

Traum und Wirklichkeit

2009

Die multidisziplinär angelegte Ausstellung Traum und Wirklichkeit. Zeitgenössische Kunst aus dem Nahen Osten lädt ein zu einer Reise durch die Gegenwart der islamischen und arabischen Welt. Das Zentrum Paul Klee behandelt mit einem thematischen Ausstellungszyklus den realen und imaginären Orient und zeigt die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Abend- und Morgenland in Kunstwerken vergangener Jahrhunderte. Die eingeladenen Künstler reflektieren den historischen abendländischen Orientalismus, wie er in den Ausstellungen Auf der Suche nach dem Orient (07.02.09 – 24.05.09) und Teppich der Erinnerung (30.05.09 – 30.08.09) im Zentrum Paul Klee zur Darstellung kommt. Und sie gehen mit den Klischees und der Durchmischung der Stile und Sprachen im globalisierten Kunstbetrieb des 21. Jahrhunderts ebenso bewusst wie kritisch um. Der Begriff Naher Osten wird dabei offen verwendet, weniger politisch oder geografisch als religiös und kulturell. Real Fiction Arbeiten im Spannungsbogen von dokumentarischem Filmmaterial werfen einen zeitgenössischen und zeitgemäßen Blick auf das Gebiet, hoch ästhetisierte und fiktive Videos erweitern das Bild auf subjektive und poetische Weise.

In dem Video White Horse von Lida Abdul malt ein alter afghanischer Mann mit grobem Pinsel sein Pferd mit weißer Kalkfarbe an. Die Szene wirkt, als handle es sich um einen Volksbrauch. Der Greis jedoch, von seinem Neffen gefragt, was er mit der Malaktion bewecke, gibt lapidar zur Antwort, dass die Touristen nun mal lieber weiße Pferde hätten. So liest sich dieses Video wie eine Allegorie auf den Kunstbetrieb aus dem Nahen und Mittleren Osten, der zwischen der reichen Tradition, Folklore, Kulturkritik und stilistischer Selbstbehauptung oszilliert. Physisch stark präsente, installative Werke wie der Grundriss von Beirut als ein in Kautschuk gegossener riesiger Teppich von Marwan Rechmaoui vertiefen die emotionale und sinnliche Ausstrahlung der Ausstellung. Hörstationen des Berner Musikethnologen Thomas Burkhalter und dessen Organisation sowie Live Musikperformances unterstreichen diese Sinnlichkeit. Videoarbeiten von Hala Elkoussy und Hatice Güleryüz zeichnen teils dokumentarisch, teils subjektiv und poetisch Porträts der Städte Kairo und Istanbul. Das in Grüntönen gestrichene Mietshaus, das Ergin Cavusoglu in der Videoarbeit „Empire- After Andy Warhol“ vorführt, könnte auch in Bern stehen, wäre da nicht das kleine Minarett auf dem Dach, von dem beim Eindunkeln der Ruf des Muezzin ertönt. Im Auftrag des Zentrum Paul Klee schafft der von der documenta 12 bekannte türkische Künstler Halil Altindere das Werk mit dem Titel „Mirage“ und thematisiert in dieser Synchronmontage das globale Gut Wasser mit Bildern aus der trockensten Region der Türkei im Südosten des Landes, das in Folge eines Dammbaues überflutet werden soll. Amal Kenawy setzt ihre bis zum Albtraum ausartenden Zeichnungen in dichte, beklemmende Trickfilme um, wie in der Arbeit „The purple artificial forest“. Arbeiten von Atlas Group aus dem Libanon führen fiktive historische Ereignisse so vor, dass sie als Tatsachen gelesen werden. Unter Kunst aus dem Nahen Osten verstehen sich in dieser Ausstellung auch Werke von Schweizer Kunstschaffenden wie San Keller, Chalet 5, Davide Cascio und Michael von Graffenried, die als Artist in Residence in Kairo waren.

Die in der Ausstellung selber gezeigte Filmauswahl aus verschiedenen Ländern vermittelt einen Einblick in die Vielfalt der Filmkulturen. Im von der Trigon-Film zusammengestellten filmischen Rahmenprogramm finden sich darüber hinaus Werke vom traditionellen Erzählkino über die Wüstenballaden hin zum Genrespiel und der Reduktion der Moderne. Gesellschaftliche Fragen werden darin genauso behandelt wie existenzielle, Konflikte sind präsent wie die Suche nach dem Eigenen und den kulturellen Wurzeln. Eine Ausstellung im Zentrum Paul Klee, Monument im Fruchtland 3, Postfach 3000 Bern 31 (www.zpk.org).

Publikationen

Du-Heft 793 – Auf der Suche nach dem Orient: Ausgabe zu Paul Klees Orientreise und zur Kultur des arabischpersischen Raums von heute in Zusammenarbeit mit dem Zentrum Paul Klee.

Zentrum Paul Klee, Bern (Hrsg.): Auf der Suche nach dem Orient. Paul Klee. Teppich der Erinnerung Text von Michael Baumgartner, Eloïse Brac de la Perrière u.a. 4°. 272 S., 271 Abb. davon 221 farb. Geb. Hatje Cantz Verlag, Stuttgart 2009. Buch bei Amazon »

Schätze von Qatna

2009

Mit der Entdeckung der Kanzlei der Könige und königlichen Grabanlagen in der altsyrischen Metropole Qatna wurde zugleich das erste das erste ungeplünderte Königsgrab der Könige von Altsyrien ausgegraben. Die Fortsetzung der archäologischen Ausgrabungen in der historisch höchst bedeutenden bronzezeitlichen Königsstadt Qatna (modern Tell Mishrife, ca. 200 Kilometer nördlich von Damaskus gelegen) in Syrien hat überraschende neue Ergebnisse erbracht. Seit 1999 gräbt ein deutsch-syrisches Archäologenteam unter der gemeinsamen Leitung von Prof. Dr. Peter Pfälzner und Heike Dohmann-Pfälzner vom Altorientalischen Seminar der Universität Tübingen und Dr. Michel Maqdissi von der Antikendirektion Damaskus im bronzezeitlichen Königspalast von Qatna, der in der Zeit zwischen 1700 und 1340 vor Christus erbaut und benutzt wurde. 2002 waren hier ein wichtiges Keilschrift-Archiv und das berühmte Königsgrab gefunden worden. In der 10. Ausgrabungskampagne von Juli bis September 2008 haben die Tübinger Archäologen den Westflügel des Königspalastes entdeckt und teilweise freigelegt, der durch einen außergewöhnlich guten Erhaltungszustand ausgezeichnet ist. Die architektonischen Untersuchungen sorgten für eine große Überraschung: Das Gebäude muss in diesem Teil ehemals dreistöckig gewesen sein. Das oberste Stockwerk ist durch Erosion zerstört worden. Die beiden unteren Stockwerke aber sind vollständig erhalten geblieben. Die Mauern aus Lehmziegeln ragen noch bis zu 5,20 Meter auf. Darunter liegen Fundamente von 3,10 Metern Höhe. Zusammengenommen besitzen die Ruinen des Westflügels des Königspalastes eine Höhe von 8,30 Metern. Zum ersten Mal ist in Vorderasien ein derartig gut erhaltenes, mehrstöckiges Lehmziegelgebäude aus der Bronzezeit gefunden worden. Diese Entdeckung liefert eine Reihe wichtiger neuer Erkenntnisse für die Baugeschichte des Alten Orients. Durchgänge und Türen, Fußböden und Decken haben sich hier in ungewöhnlicher Vollständigkeit erhalten. Teilweise eingestürzte Balkendecken tragen die Fußböden des oberen der beiden erhaltenen Stockwerke, welches bisher ausgegraben worden ist. Einzigartig ist die Aufdeckung von vier in einer Flucht liegenden Türen mit einem jeweils vollständig erhaltenen Bogen aus Lehmziegeln. Sie gehören zu den am besten erhaltenen bronzezeitlichen Bogenkonstruktionen des gesamten Vorderen Orients.

Direkt an den Westflügel angrenzend wird bereits seit mehreren Jahren von den Archäologen der Univeresität Tübingen der voluminöse Palastbrunnen ausgegraben. Jetzt gelang dem Team auch hier eine archäologische Sensation: In 17 Meter Tiefe unter den Palastfußböden wurden in dem weiten Brunnenschacht große Mengen von Feuchtholz gefunden, das bei der Zerstörung des Palastes um 1340 vor Christus in die Tiefe gestürzt war. Die Hölzer wurden in originaler Lage angetroffen, so wie sie Jahrtausende vorher aufeinander gefallen waren. Aufgrund des feuchten Erdreichs hat sich das bronzezeitliche Holz in fast frisch wirkendem Zustand erhalten. Es fanden sich große Deckenbalken von fünf Metern Länge und 800 kg Gewicht, aber auch Holzdielen und Kanthölzer mit regelmäßigen Zapflöchern. Das Holz muss sowohl von einer zerstörten Balkendecke, als auch von anderen Holzkonstruktionen innerhalb des Raumes stammen. Für die hoch entwickelte altorientalische Zimmermannstechnik vor 3500 Jahren liefern diese im ariden Syrien bisher einmaligen Funde wertvolle neue Erkenntnisse. Ein Raum des Westflügels des Königspalastes enthielt noch unfangreiche Bestandteile seines ehemaligen Inventars. Dazu gehören Hunderte von Keramikgefäßen, Steinperlen sowie zahlreiche Abrollungen von kunstvoll geschnittenen Siegeln auf Plomben und Verschlüssen von Waren. Besonders wichtig sind drei mit Keilschrift beschriebene Tontafeln. Sie stellen sicherlich Verwaltungsdokumente aus dem Königspalast dar und versprechen nach ihrer Entzifferung wichtige Hinweise auf die Aktivitäten im Palast zu geben.

Als sensationell kann die Entdeckung von mehreren großen, intakten Knochen eines Elefanten gelten. Sie waren in zwei Räumen des Königspalastes zu einem noch unbekannten Zweck um ca. 1400 vor Christus abgelegt worden. Es handelt sich um den bisher umfangreichsten und vollständigsten archäologischen Fund von Elefantenknochen in Syrien. Diese Entdeckung ist für die Naturgeschichte der heute größtenteils ariden und baumlosen Landschaften Syriens von großer Bedeutung. Die Elefanten müssen während der Bronzezeit in Sümpfen im Tal des Orontes westlich von Qatna gelebt haben. Die Knochen werden jetzt von der Archäozoologin Dr. Emmanuelle Vila (Lyon) zoologisch und gentechnisch untersucht, mit dem Ziel, die Herkunft der syrischen Elefanten zu klären. Historisch ist dieser Fund mit den Berichten der ägyptischen Pharaonen Thutmosis I (um 1500 v. Chr.) und Thutmosis III. (um 1450 v. Chr.) über die Jagd auf Elefanten in Westsyrien während ihrer dorthin unternommenen Feldzüge zu verbinden. Letzterer berichtet sogar darüber, 120 Elefanten in Westsyrien gejagt und getötet zu haben unweit von Qatna. Die historischen Berichte und der archäologische Fund stammen aus derselben Zeit.

Schätze des Alten Syrien – Die Entdeckung des Königreichs Qatna. Große Landesausstellung 2009. 17. Oktober 2009 bis 14. März 2010. Landesmuseum Württemberg, Altes Schloss, Schillerplatz 6 70173 Stuttgart.

Vor mehr als 3.500 Jahren gehörte das durch Handel reich gewordene Königreich Qatna zu den blühendsten Metropolen des alten Orients. Es pflegte diplomatische Beziehungen zu antiken Großmächten, ging wechselnde Bünd- nisse ein und war in kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt. Um 1340 v.Chr. führte ein vernichtender Angriff der Hethiter zur Zerstörung von Qatna. 2002 dann die archäologische Sensation: Ein internationales Ausgrabungsteam, darunter Archäologen der Universität Tübingen, entdeckten unter dem Königspalast von Qatna eine unberaubte Königsgruft. In dieser befanden sich mehr als 2.000 Objekte: Waffen, Schmuck aus Gold und Halbedelsteinen, Möbelzier, mit Purpur verzierte Stoffe etc. Damit kam Qatna zu erneuter Berühmtheit.

Unter großem Aufwand wurden die Schätze geborgen – und nun werden sie erstmals in Europa im Landesmuseum Württemberg in Stuttgart in der Großen Landesausstellung „Schätze des Alten Syrien – Die Entdeckung des Königreichs Qatna“ vom 17. Oktober 2009 bis zum 14. März 2010 gezeigt. Unterstützt wird die Präsentation mit modernen Medien und Rekonstruktionen.

Landesmuseum Württemberg, Stuttgart (Hrsg.) in Zusammenarbeit mit Michael al-Maqdissi, Daniel Morandi Bonacossi und Peter Pfälzner: Schätze des alten Syrien. Die Entdeckung des Königreichs Qatna. 320 Seiten mit ca. 300 farbigen Abbildungen. 24 x 28 cm. Gebunden mit Schutzumschlag. Theiss, Stuttgart September 2009. Amazon »

Der Fund in Qatna belegt folglich, dass die propagandistischen Berichte der ägyptischen Herrscher über Elefantenjagden in Syrien auf realen Voraussetzungen beruhen. Außerdem wird durch diese Entdeckung belegt, dass nicht nur die Pharaonen, sondern auch die syrischen Könige in der damaligen Zeit Elefanten jagten. Die Elefantenknochen dürften einst als Jagdtrophäe oder vielleicht auch als eine besondere Mahlzeit in den Königspalast von Qatna gebracht worden sein. Die Jagden, die in erster Linie dem Erhalt des wertvollen Elfenbeins und auch der Selbstdarstellung der Könige dienten, und insbesondere die ägyptischen Tiermassaker der Späten Bronzezeit führten allerdings zur vollständigen Ausrottung der Elefanten in Syrien. Hiermit wird ein Licht geworfen auf ein frühes Beispiel einer rücksichtslosen Ausrottung einer Großwildart in einer gesamten Region durch eine hoch entwickelte Zivilisation. Der Elefant von Qatna ist deshalb zugleich Sinnbild für die Macht und das Prestige der alten syrischen Könige als auch für einen unverantwortlichen Raubbau an der Umwelt aus Profitgründen. Quellen: Informationsdienst Wissenschaft, Pressemitteilung Universität Tübingen, Pressemitteilung Landesmuseum Stuttgart.

Max von Oppenheim

2000 – 2001

Max von Oppenheim lernte den Nahen Osten während seines Wirkens als Diplomat am kaiserlichen Generalkonsulat von 1886 bis 1909 kennen – zu einer Zeit in der die Region sich in einen politisch sehr unruhigen Raum verwandelte. Neben seiner diplomatischen Tätigkeit galt sein Interesse als Forscher ganz den Beduinen des Vorderen Orients, deren gesellschaftliche Strukturen und ihre genealogischen Zusammenhänge er, nichts zuletzt dank seiner hervorragenden Arabischkenntnisse, erforschte und in einem heute noch gültigen vierbändigen Werk publizierte. Archäologe wurde Max von Oppenheim dagegen eher durch einen bloßen Zufall, als er, während einer Erkundungsreise im Rahmen der Streckenplanung der Baghdad-Bahn, in Syrien den hethitischen Siedlungshügel Tell Halaf entdeckte. In zahlreichen privaten Grabungskampagnen – erschwert durch die politischen Wirren, durch den Zusammenbruch des Osmanischen Reiches, förderte er umfangreiche Zeugnisse einer bis dato unbekannten prähistorischen Kultur zu Tage, die er in Berlin in seinem 1930 eigens gegründeten Tell Halaf-Museum zusammenführte. Diese Schätze sind seit dieser Zeit erstmals wieder in einer Ausstellung zu sehen, nachdem man bisher glaubte die archäologische Sammlung sei während des Zweiten Weltkriegs untergegangen und diese erst nach der Wiedervereinigung in den Depots des Vorderasiatischen Museums in Berlin (Ost) wieder entdeckte. Besonders präsent ist Max von Oppenheim in der Ausstellung aber gerade auch als Sammler islamischer Kunst. Eine umfangreiche Fotosammlung aus den zwanziger Jahren dokumentiert das “orientalischen Ambiente” und erlaubt dem Besucher die Objekte der Ausstellung neu zu entdecken. Zu bewundern ist dabei ein breites Spektrum an Kunstgegenständen, angefangen von reich dekorierten seldschukischen, mamlukischen, kadscharischen und osmanischen Metallarbeiten über wissenschaftliche Messinstrumente, Bücher und Schreibinstrumenten bis hinzu Waffen und prächtigen Textilien. Abgerundet wird die Ausstellung durch einen repräsentativ getäfelten Empfangsraum eines aus Kayseri (heutige Türkei) stammenden reichen Kaufmanns.

Gabriele Teichmann und Gisela Völger (Hrsg.): Faszination Orient. Max von Oppenheim – Forscher, Sammler, Diplomat. 4°. 320 S., 190 farb. z.T. ganzs. Abb. Geb. DuMont, Köln 2001. Amazon »

Archäologische Spurensuche bedeutet: vergangene Kulturleben erinnern und die Erfahrung des Fremden in die eigene Wertewelt hineinwirken lassen. Max von Oppenheim, der als Forscher und Sammler in Ägypten, Syrien und der Türkei wirkte, hat sein Leben nach dieser Maxime ausgerichtet. 1860 geboren, entschied sich der Sohn einer alteingesessenen Kölner Bankiersfamilie nach erfolgreichem Jurastudium für die Erforschung des Orients. Seine archäologischen Entdeckungen und Grabungen im syrischen Tell Halaf, die er selbst meisterhaft mit der Plattenkamera dokumentierte, seine schriftstellerischen Arbeiten und seine kostbaren Sammlungen, mit denen er 1930 ein Privatmuseum in Berlin-Charlottenburg begründete, machten ihn weltweit berühmt. Nach der Vernichtung seiner über 40.000 Bände umfassenden Bibliothek und großer Sammlungsbestände im Zweiten Weltkrieg galten die ausgelagerten und später in Ost und West verstreuten Teile der Sammlung als verloren. Im Auftrag der Max Freiherr von Oppenheim-Stiftung zu Köln rekonstruieren Wissenschaftler der verschiedensten Institutionen in diesem Buch das Leben und das Lebenswerk des 1946 verstorbenen großen Forscher.

Zahlreiche Fotodokumente des Forschers Max von Oppenheim zeigen in eindrucksvoller Weise die exotische Lebenswelt des Orients und die Methodik archäologischer Ausgrabungen, wie sie um die Jahrhundertwende betrieben wurde. Gabriele Teichmann studierte Geschichte, Anglistik und Philosophie in Bonn und Edinburgh. Seit 1990 leitet sie das Archiv der Kölner Privatbank Sal. Oppenheim jr.&Cie., das auch den schriftlichen Nachlass und die Fotosammlung Max von Oppenheims beherbergt. Sie hat zahl- reiche Publikationen zur Geschichte der Bank verfasst. Gisela Völger studierte Ethnologie, Vorgeschichte und physische Anthropologie in Frankfurt, Heidelberg und Mainz. Die Honorarprofessorin an der Universität Köln leitete von 1979 bis 2000 das Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum mit den ethnologischen und kunsthistorischen islamischen Sammlungen Max von Oppenheims als Dauerleihgabe.

Nadja Cholidis, Lutz Martin: Kopf hoch! Mut hoch! und Humor hoch! Der Tell Halaf und sein Ausgräber Max Freiherr von Oppenheim. 4°. 72 Seiten mit 20 Farb- und 74 Schwarzweißabbildungen. Geb. mit Schutzumschlag. Verlag Philipp von Zabern, Mainz Februar 2002. Amazon »

In den Jahren von 1911 bis 1913 sowie 1927 und 1929 führte Max Freiherr von Oppenheim, ehemaliger Legationsrat am Kaiserlich Deutschen Generalkonsulat in Kairo, auf dem Tell Halaf in Syrien überwiegend privat finanzierte Ausgrabungen durch. Die Grabungsergebnisse gehörten zu den archäologischen Sensationen zu Beginn des 20. Jahrhunderts und waren einem Mann zu verdanken, der ohne akademische Fachausbildung einen bedeutenden Beitrag zur Erforschung des Alten Orients geleistet hat. Der Schlüssel seines Erfolges war nicht zuletzt sein großer Enthusiasmus, der sich in seinem Lebensmotto Kopf hoch! Mut hoch! und Humor hoch! manifestierte. Nachdem im 2. Weltkrieg das Tell Halaf-Museum zerstört worden war, galten im Nachkriegsdeutschland die Denkmäler als unwiederbringlich verloren, obwohl ein nicht unbeträchtlicher Teil aus den Trümmern geborgen werden konnte. Anfang der 90er Jahre wurden durch die intensive Sichtung des Fundgutes vieles wieder entdeckt, das ursprünglich als zerstört galt. Im Zusammenhang mit der bevorstehenden Generalsanierung der Berliner Museumsinsel soll auch das überwiegend als Schüttgut vorliegende Material erfasst und einzelne Denkmäler restauriert werden. Wie kam der Sohn einer angesehenen Kölner Bankiersfamilie zur Archäologie? Was passierte mit den Funden, die zu einem großen Teil 1927 in Berlin eintrafen und ab 1930 im Tell Halaf-Museum in Berlin-Charlottenburg ausgestellt waren? Warum konnte von Oppenheim seine Sammlung nicht auf der Berliner Museumsinsel zeigen? Anliegen der reich illustrierten Publikation ist es deshalb, nach einem kurzen Überblick zum Grabungsort und den Grabungsergebnissen, die Person des Ausgräbers, seine konzeptionellen Vorstellungen im ehemaligen Tell Halaf-Museum, den Zustand der geretteten Denkmäler und die Perspektiven ihrer künftigen Präsentation einem breiten Leserkreis vorzustellen.

Damaskus und Aleppo

2000

Zwei der ältesten Städte der Menschheitsgeschichte, Damaskus und Aleppo, präsentierten sich in einer Ausstellung des Hamburger Museum für Archäologie und Geschichte und luden ebenso wie der Katalogband zur Entdeckung von 5000 Jahren städtebaulicher Entwicklung in Syrien ein.

Die Ausstellung gab darüber weit hinaus aber nicht nur einen Überblick über die kulturhistorische Entwicklung, einen Einblick in die derzeitigen Bemühungen, insbesondere im Hinblick auf laufende Projekt zur Rettung der Altstadt von Aleppo, und einen Ausblick über mögliche künftige Lösungen, die die Prozesse der Stadtentwicklung mit denen der Stadtsanierung in Einklang zu bringen vermögen.

Die syrische Hauptstadt ist dank ihrer Lage am Antilibanon und der Versorgung mit Wasser durch den Fluss Barada eine der größten Oasenstädte der Welt. Einen Höhepunkt seiner Entwicklung erlebte Damaskus bereits zu Zeiten der Römer, bevor die Stadt unter der Kalifendynastie der Omayyaden lange Hauptstadt eines Reiches war das sich vom Atlantik bis zum Indus erstreckte. Von den Omayyaden zeugte heute beispielsweise die Große Moschee im Stadtzentrum. Ende des 19. Jahrhunderts erfolgte ein erneuter Bauboom, es entstanden u.a. luftige Stadtpalästen (z.B. Qasr al-Azm). Dieser Boom setzte sich bis heute fort und ließ Damaskus zur Millionenmetropole anwachsen. Somit geht die Ausstellung auch ganz neue Wege. Die bisherigen großen Syrien-Ausstellungen wie “Land des Baal” (1982/83) oder “Syrie – Mémoire de Civilisation” (1993) konzentrierten sich stark auf das syrische, also das nördliche, Mesopotamien. Archäologisch-historisch aufgebaut war die Ausstellung “L’Eufrate et il tempo” und ausschließlich christlichen Hinterlassenschaften war die österreichische Ausstellung “Von den Aposteln zu den Kalifen” (1993/94) gewidmet. Erste andere Schritte ging die erfolgreiche Ausstellung des Lindenmuseum “Syrien – Mosaik eines Kulturraumes” (1991) welche u.a. auch die traditionellen nomadischen, bäuerlicher aber insbesondere auch städtischen Kulturzeugnisse beleuchtete.

Fansa, Gaube, Windelberg: Damaskus – Aleppo. 5000 Jahre Stadtentwicklung in Syrien. 4°. 535 S., zahlr. s/w u. farbig Abb. OKart. Zabern Vlg. Mainz 2000. Amazon »

Einen Höhepunkt seiner Entwicklung erlebte Damaskus bereits zu Römischer Zeit, bevor die Stadt unter der Kalifendynastie der Omayyaden lange Zeit Hauptstadt eines Reiches war das sich vom Atlantik bis zum Indus erstreckte. Von den Omayyaden zeugt heute beispielsweise die Große Moschee im Stadtzentrum. Ende des 19. Jahrhunderts erfolgte ein erneuter Bauboom, es entstanden u.a. luftige Stadtpalästen (z.B. Qasr al-Azm). Dieser Boom setzte sich fort und ließ Damaskus Millionenmetropole anwachsen.

Die unterschiedliche Entwicklung von Aleppo hingegen ist auch heute noch offen sichtbar: Die Stadt stand bereits seit dem Römischen Reich im Schatten der syrischen Hauptstadt. Allerdings stieg Aleppo mit Beginn des 13. Jhds. zu einer der bedeutendsten Handelsmetropolen in der Region auf, wovon auch heute noch der gewaltige überdachte Suq zeugt. Es entstanden Bauwerke in hellem Kalkstein in einer klaren architektonischen Sprache die auch heute noch die Stadt nicht nur sehenswert, sondern auch einmalig machen.

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Bildnachweis: Ausstellungstipps © B&N Tourismus